15. Teil Ausbilderprüfung - Die Lehrabschlussprüfung (LAP)

In dieser Serie bereiten wir die wichtigsten Themen der österreichischen Ausbilderprüfung verständlich und praxisnah auf, damit du für die Prüfung perfekt gerüstet bist und den Ausbildungsalltag souverän meisterst – egal, ob Einsteiger oder erfahrene:r Ausbilder:in!

15. Teil Ausbilderprüfung - Die Lehrabschlussprüfung (LAP)
Photo by Nguyen Dang Hoang Nhu / Unsplash

Jetzt steht der letzte, entscheidende Schritt bevor: die Lehrabschlussprüfung (LAP). Dieser Moment ist nicht nur für den Lehrling ein Meilenstein, sondern auch der Höhepunkt deiner Arbeit als Ausbilderin. Er ist der offizielle Beweis dafür, dass aus einem wissbegierigen jungen Menschen eine qualifizierte Fachkraft geworden ist.

Doch mit dem nahenden Ende der Lehrzeit tauchen unweigerlich viele Fragen auf, die direkt auf deinem Schreibtisch landen. Wann genau darf der Lehrling frühestens antreten? Wie funktioniert die Anmeldung im digitalen Zeitalter der WKO-Portale, und wer ist dafür verantwortlich? Und die alles entscheidende Frage, die oft für Unsicherheit sorgt: Wer kommt für die Kosten der Prüfung auf, und was ist dabei alles inkludiert? Diese Fragen sind keine Nebensächlichkeiten; sie sind zentral für eine reibungslose und rechtssichere Abwicklung der letzten, kritischen Phase der Ausbildung.

Dieser Leitfaden ist dein persönliches Cockpit für die LAP-Phase. Wir navigieren dich sicher durch alle rechtlichen Rahmenbedingungen des Berufsausbildungsgesetzes (BAG), zeigen dir die praktischen Schritte der Anmeldung und geben dir die Sicherheit, die du brauchst, um deinen Lehrling souverän und ohne Stolpersteine zum erfolgreichen Abschluss zu führen.

Abschnitt 1: Die Zulassung zur Prüfung – Das Tor zur Fachkraftkarriere öffnen

Bevor die Prüfung überhaupt stattfinden kann, muss der Lehrling offiziell zugelassen werden. Das Berufsausbildungsgesetz (BAG) steckt hier einen klaren Rahmen ab, der sowohl den regulären Weg für die Mehrheit der Lehrlinge als auch flexible Optionen für besondere Fälle vorsieht. Für dich als Ausbilderin ist es entscheidend, diese Wege zu kennen, denn sie bestimmen den Zeitplan und die Voraussetzungen für den Abschluss. Das System ist dabei mehr als nur ein starrer Prozess; es ist bewusst flexibel gestaltet, um sowohl die Beschleunigung von Talenten zu ermöglichen als auch die Anerkennung von bereits vorhandener Praxiserfahrung zu integrieren.

1.1 Der reguläre Weg: Wann ist dein Lehrling "prüfungsreif"?

Der Standardfall für die Zulassung zur Lehrabschlussprüfung ist an die ordnungsgemäße Beendigung der im Lehrvertrag vereinbarten Ausbildung geknüpft.Dein Lehrling ist also grundsätzlich dann prüfungsreif, wenn die Lehrzeit regulär zu Ende geht.  

Ein entscheidender Faktor ist hierbei der Erfolg in der Berufsschule. Ein positiver Abschluss der letzten Berufsschulklasse ist nicht nur ein Zeichen guter Leistung, sondern hat eine massive praktische Auswirkung: Der gesamte theoretische Teil der Lehrabschlussprüfung entfällt!.Dies ist für dich ein starkes Argument, um den Lehrling während der gesamten Lehrzeit zum regelmäßigen und engagierten Schulbesuch zu motivieren. Es reduziert den Prüfungsstress erheblich und erlaubt eine volle Konzentration auf die praktische Prüfung.  

Das Gesetz sieht jedoch eine willkommene Flexibilisierung des Endes der Lehrzeit vor. Der frühestmögliche Prüfungsantritt auf dem regulären Weg ist bereits bis zu zehn Wochen vor dem im Lehrvertrag festgelegten Ende der Lehrzeit möglich.Diese Regelung erlaubt es, den Abschluss vorzuziehen und dem Lehrling einen schnelleren Einstieg ins volle Berufsleben zu ermöglichen.  

Hierbei musst du eine wichtige rechtliche Konsequenz beachten: Besteht der Lehrling die Prüfung innerhalb dieses Zehn-Wochen-Zeitraums, so endet das Lehrverhältnis und damit die Lehrzeit rechtlich mit Ablauf jener Kalenderwoche, in der der letzte Prüfungsteil erfolgreich absolviert wurde.Diese Information ist für die Personalplanung, die Lohnverrechnung und den Beginn der gesetzlichen Behaltezeit von entscheidender Bedeutung.  

1.2 Der Turbo-Abschluss: Der vorzeitige Antritt zur LAP

Für besonders engagierte, schnelle und talentierte Lehrlinge gibt es die Möglichkeit, die Lehrabschlussprüfung noch deutlich früher abzulegen. Der Antrag auf diesen sogenannten vorzeitigen Antritt kann bereits ab Beginn des letzten Lehrjahres gestellt werden.Dies ist eine exzellente Option, um High-Performer zu fördern und sie schneller als vollwertige Fachkräfte im Betrieb zu integrieren.  

Allerdings ist dieser Weg an zwei unumstößliche Bedingungen geknüpft, die sicherstellen, dass die Qualität der Ausbildung nicht unter der Geschwindigkeit leidet:

  1. Dein Einverständnis als Lehrberechtigte/r: Du oder der Lehrberechtigte müsst dem vorzeitigen Antritt ausdrücklich und schriftlich zustimmen.Diese Zustimmung ist mehr als eine Formalität; sie ist ein eingebauter Qualitätsfilter. Sie gibt dir die Möglichkeit und die Verantwortung zu prüfen, ob der Lehrling nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch und persönlich die notwendige Reife für einen verfrühten Abschluss besitzt.  
  2. Positiver Abschluss der Berufsschule: Der Lehrling muss die Berufsschulpflicht bereits erfüllt und die letzte Klasse positiv abgeschlossen haben.Damit ist sichergestellt, dass das theoretische Fundament vollständig gelegt ist.  

Bevor du deine Zustimmung gibst, solltest du dir als Ausbilderin eine kleine Checkliste zur Hand nehmen: Ist der Lehrling fachlich wirklich sattelfest in allen im Berufsbild geforderten Bereichen? Ist die soziale und persönliche Reife für den direkten Einstieg ins Fachkraft-Dasein gegeben? Ein vorzeitiger Abschluss ist eine große Auszeichnung, aber er sollte nur dann angestrebt werden, wenn er dem Lehrling wirklich dient und seine nachhaltige Karriereentwicklung fördert.

1.3 Für den Überblick: Die "ausnahmsweise Zulassung"

Auch wenn dies deinen regulären Lehrling in der Regel nicht betrifft, ist das Wissen um die "ausnahmsweise Zulassung" wichtig für dein Gesamtverständnis des Systems. Dieser Weg, oft als "zweiter Bildungsweg" bezeichnet, schafft einen formalen Rahmen, um informell erworbene Kompetenzen in einen vollwertigen Berufsabschluss umzuwandeln.

Hier können beispielsweise Erwachsene zur LAP zugelassen werden, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben und nachweisen können, dass sie die nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse auf andere Weise erworben haben – etwa durch langjährige Anlerntätigkeit im Beruf oder den Besuch umfassender Kurse.Auch Lehrlinge, die ihre Lehre nach Absolvierung von mindestens der Hälfte der Lehrzeit unverschuldet abbrechen mussten und keine neue Lehrstelle finden konnten, können auf diesem Weg zur Prüfung zugelassen werden. 

Diese drei Pfade – regulär, vorzeitig und ausnahmsweise – zeigen, dass das österreichische System dynamisch auf die Bedürfnisse der Wirtschaft nach schnell verfügbaren Fachkräften und auf die des Arbeitsmarktes nach Qualifizierung von Erwachsenen reagiert. Du als Ausbilderin bist dabei nicht nur eine Verwalterin eines Prozesses, sondern eine aktive Gestalterin in einem lebendigen Qualifizierungssystem.

Abschnitt 2: Der Anmeldeprozess – Digital, aber mit geteilter Verantwortung

Die Zeiten, in denen man mit Papierformularen zur Wirtschaftskammer pilgern musste, sind weitgehend vorbei. Die Anmeldung zur Lehrabschlussprüfung erfolgt heute fast ausschließlich online über die Portale der Wirtschaftskammer (WKO). In diesem digitalen Prozess ist es für dich als Ausbilderin entscheidend, die Rollenverteilung, die technischen Schritte und die wichtigen Fristen genau zu kennen.

2.1 Die entscheidende Frage: Wer meldet an?

Diese Frage führt oft zu Verwirrung, lässt sich aber klar beantworten, wenn man zwischen rechtlicher Theorie und administrativer Praxis unterscheidet.

  • Rechtlich gesehen: Antragsteller ist immer der Lehrling selbst.Er oder sie ist die Person, die die Prüfung ablegen und das Zeugnis erhalten möchte.  
  • Praktisch gesehen: Die WKO hat längst erkannt, dass die Lehrbetriebe eine zentrale und unterstützende Rolle im gesamten Prozess spielen. Deshalb wurden eigene eServices für Betriebe geschaffen, die eine Anmeldung des Lehrlings direkt durch den Lehrbetrieb nicht nur ermöglichen, sondern als Standardweg vorsehen. 

Die Existenz dieser parallelen Online-Anmeldewege – einer für den Lehrling und einer für den Lehrbetrieb – ist kein Zufall. Sie ist eine bewusste administrative Entscheidung, die die rechtliche und praktische Dualität des Lehrverhältnisses widerspiegelt. Der Betrieb ist Kostenträger, sorgt für die Freistellung und hat die administrativen Daten bereits im System. Es ist daher administrativ weitaus effizienter, den Prozess über den Betrieb zu steuern. Für dich als Ausbilderin ist die Botschaft klar: Die WKO sieht dich nicht als passiven Beobachter, sondern als proaktiven Manager des LAP-Prozesses. Die Nutzung des Betriebs-Accounts ist der vorgesehene und empfohlene Weg.

2.2 Schritt für Schritt: Die Online-Anmeldung bei der WKO

Die Anmeldung erfolgt über die eService-Portale der WKO. In Oberösterreich ist dies beispielsweise über wko.at/eservices oder spezifische Unterseiten der WKOÖ erreichbar.Für dich als Ausbilderin führt der Weg direkt über das Lehrbetriebs-Portal, das oft unter lehre.wko.at/elv zu finden ist. 

Die Grundvoraussetzung für die Nutzung ist ein WKO-Benutzerkonto. Sowohl der Lehrling (ab 16 Jahren) als auch du bzw. der Betrieb benötigen einen solchen Account, um die Online-Services nutzen zu können. Die Registrierung ist also der allererste Schritt. 

Der Prozess für dich im Betrieb sieht vereinfacht so aus:

  1. Logge dich mit dem WKO-Benutzerkonto des Betriebs in die eServices für Lehrbetriebe ein.
  2. Wähle aus der Liste deiner Lehrlinge denjenigen aus, den du zur Prüfung anmelden möchtest.
  3. Starte die Funktion "Zur Lehrabschlussprüfung anmelden".
  4. Das System zieht sich die Stammdaten aus dem Lehrvertrag. Kontrolliere diese und ergänze eventuell fehlende Informationen.
  5. Lade die notwendigen Dokumente im PDF-Format hoch.
  6. Sende die Anmeldung digital an die Lehrlingsstelle ab.

Die folgenden Unterlagen musst du in der Regel digital bereithalten und hochladen:  

  • Das Abschlusszeugnis der Berufsschule (sofern es bereits vorliegt; andernfalls muss es umgehend nach Erhalt nachgereicht werden).
  • Einen Nachweis über die Bezahlung der Prüfungstaxe (diese wird vom Lehrbetrieb eingezahlt).
  • Gegebenenfalls eine Heiratsurkunde oder einen anderen amtlichen Nachweis bei einer Namensänderung des Lehrlings. 

2.3 Dein Fahrplan zur LAP: Fristen und Termine im Blick

Um den Prozess stressfrei zu gestalten, solltest du die folgenden Fristen fest im Kalender eintragen:

  • Anmeldefenster: Die Online-Anmeldung ist frühestens sechs Monate vor dem im Lehrvertrag festgelegten Ende der Lehrzeit möglich.Es empfiehlt sich, die Anmeldung frühzeitig vorzunehmen, da in manchen Bundesländern dann noch eine größere Auswahl an Prüfungsterminen besteht. 
  • Terminvergabe: Die konkreten Prüfungstermine werden von der Lehrlingsstelle der WKO festgelegt und koordiniert. 
  • Informationspflicht der WKO: Spätestens drei Wochen vor dem Prüfungstermin muss die Lehrlingsstelle den Lehrling schriftlich über den genauen Termin, die Uhrzeit und den Prüfungsort informieren. 

Abschnitt 3: Die Kostenfrage – Deine gesetzlichen Pflichten als Lehrberechtigte

Die Frage "Wer zahlt?" ist eine der häufigsten und wichtigsten im Zusammenhang mit der LAP. Das Berufsausbildungsgesetz (BAG) gibt hier eine klare und unmissverständliche Antwort, die dich als Lehrberechtigte direkt in die Pflicht nimmt und sicherstellt, dass der finanzielle Hintergrund eines Lehrlings kein Hindernis für den Berufsabschluss darstellt.

3.1 Klartext zum Geld: Die Pflicht zur Kostenübernahme

Die goldenen Regel ist im Gesetz verankert und lässt keinen Interpretationsspielraum: Tritt dein Lehrling erstmalig zur Lehrabschlussprüfung an, bist du als Lehrberechtigte gesetzlich dazu verpflichtet, die anfallenden Kosten zu ersetzen bzw. direkt zu übernehmen. 

Besonders wichtig und oft übersehen ist der Geltungszeitraum dieser Verpflichtung. Sie gilt nicht nur während der aufrechten Lehrzeit, sondern erstreckt sich auch auf die gesetzliche Weiterverwendungs- bzw. Behaltezeit nach dem formellen Ende der Lehre (diese beträgt in der Regel drei Monate).Wenn dein Lehrling also die Prüfung erst nach dem Lehrzeitende, aber innerhalb der Behaltezeit ablegt, bleibt deine Pflicht zur Kostenübernahme für den Erst-Antritt bestehen.  

3.2 Was genau ist zu ersetzen? Eine Aufschlüsselung der Kosten

Deine gesetzliche Pflicht zur Kostenübernahme ist umfassend und deckt alle direkten, für die Prüfung notwendigen Ausgaben ab. Die folgende Übersicht zeigt dir genau, wofür du aufkommen musst:

Kostenart

Umfang der Übernahme durch den Lehrbetrieb

Rechtliche Anmerkung / Quelle

Prüfungstaxe

Vollständige Erstattung/Übernahme der offiziellen Gebühr. Diese beträgt für das Jahr 2025 beispielsweise 137 Euro.

Dies ist eine gesetzliche Pflicht gemäß BAG und deckt die Grundgebühr für die Organisation und Durchführung der Prüfung durch die Lehrlingsstelle ab.  

Materialkosten

Kostenlose Bereitstellung des für die praktische Prüfung notwendigen Materials oder vollständiger Kostenersatz, falls der Lehrling es nach Absprache selbst beschafft.

Diese Regelung stellt sicher, dass die finanzielle Situation des Lehrlings keinen Einfluss auf die Qualität des Prüfungsstücks und somit auf die Prüfungsleistung hat.  

Werkzeug/Modelle

Kostenlose Bereitstellung von notwendigem Werkzeug oder eventuell benötigten Personen (z.B. Modelle im Friseur- oder Kosmetikhandwerk) auf Verlangen des Prüflings.

Dies dient der Chancengleichheit und stellt sicher, dass alle Prüflinge unter fairen und vergleichbaren Bedingungen antreten können, ohne eigenes Spezialwerkzeug besitzen zu müssen.  

3.3 Plan B: Die Kosten bei Wiederholungsprüfungen

Was passiert, wenn der erste Versuch nicht klappt? Auch hier hat der Gesetzgeber eine sehr lehrlingsfreundliche Regelung getroffen, um die Hürde für einen erneuten Anlauf so gering wie möglich zu halten.

Die gute Nachricht für den Lehrling lautet: Scheitert der erste Versuch, sind der zweite und dritte Prüfungsantritt für den Lehrling komplett gebührenfrei.Es fallen für diese beiden Wiederholungen weder eine Prüfungstaxe noch Materialkosten an. Grundsätzlich kann die LAP beliebig oft wiederholt werden, die Kostenfreiheit ist jedoch auf den zweiten und dritten Versuch beschränkt. 

Diese Kostenregelung ist kein reiner Verwaltungsakt, sondern ein gezieltes sozial- und bildungspolitisches Instrument. Die Kombination aus "Betrieb zahlt Erstversuch" und "System erlässt Gebühr für Zweit-/Drittversuch" ist eine durchdachte Strategie. Sie entlastet den Lehrling vollständig von den Kosten der ersten drei, statistisch wichtigsten Versuche. Ein Misserfolg ist demotivierend genug; durch den Wegfall der Kosten wird die finanzielle Belastung von den Schultern des Lehrlings genommen und ein starker Anreiz geschaffen, es erneut zu versuchen. Für dich als Ausbilderin ist das eine wichtige Botschaft, die du weitergeben kannst: "Konzentrier dich voll auf die Prüfung. Ein Patzer ist kein Beinbruch, und er wird auch kein Loch in deinen Geldbeutel reißen. Das System ist darauf ausgelegt, dich zum Erfolg zu führen."

Abschnitt 4: Rund um den Prüfungstag – Freistellung, Ausblick und die Zeit danach

Der Prüfungstag selbst und die unmittelbare Zeit danach sind ebenfalls klar geregelt. Deine Pflichten als Ausbilderin enden nicht mit der Anmeldung oder der Bezahlung der Rechnung. Sie umfassen auch die bezahlte Freistellung für die Prüfung und die verantwortungsvolle Gestaltung der Phase der Weiterverwendung. Diese Regelungen schaffen einen Puffer und eine "weiche Landung" für den Übergang von der Lehre ins volle Berufsleben.

4.1 Bezahlte Freistellung: Das Recht deines Lehrlings

Ein zentraler Punkt ist, dass der Lehrling für die Prüfung nicht seine Freizeit oder seinen Urlaub opfern muss. Du bist gesetzlich verpflichtet, deinen Lehrling für die zur Ablegung der LAP erforderliche Zeit unter Fortzahlung der Lehrlingsentschädigung freizustellen.Dieses Recht auf bezahlte Freistellung besteht ausdrücklich auch für eventuelle Wiederholungsprüfungen. 

Eine vieldiskutierte Frage in der Praxis ist, ob der Lehrling nach der Prüfung wieder zur Arbeit in den Betrieb kommen muss. Die gesetzliche Regel lautet hier: Ja, sofern es ihm zeitlich zumutbar ist und der Betrieb es verlangt.Der Begriff der "Zumutbarkeit" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Dauer und Anstrengung der Prüfung, der Wegzeit vom Prüfungsort zum Betrieb und der verbleibenden Arbeitszeit. Hier ist von deiner Seite Fingerspitzengefühl gefragt. Einen Lehrling nach einer fünfstündigen, nervenaufreibenden praktischen Prüfung für die letzte verbleibende Arbeitsstunde noch in den Betrieb zu zitieren, ist selten sinnvoll oder im Sinne einer guten Beziehung zumutbar.  

4.2 Nach der LAP ist vor der Karriere: Zusatzprüfungen

Mit einer bestandenen Lehrabschlussprüfung in der Tasche eröffnen sich für die frischgebackene Fachkraft weitere Qualifizierungswege. Eine besonders effiziente Möglichkeit ist die Ablegung einer Zusatzprüfung in einem verwandten Lehrberuf

Verwandte Lehrberufe sind in der offiziellen Lehrberufsliste der WKO definiert und zeichnen sich dadurch aus, dass sie gleiche oder ähnliche Materialien, Werkzeuge oder Arbeitsgänge beinhalten.Der große Vorteil einer Zusatzprüfung liegt darin, dass sie in der Regel verkürzt ist und sich auf die praktischen, berufsspezifischen Unterschiede zwischen den beiden Berufen konzentriert.Die Prüfungstaxe ist mit rund 69 Euro (Stand 2024) ebenfalls deutlich reduziert.Dies ist ein exzellenter Weg für eine junge Fachkraft, mit relativ geringem Aufwand eine wertvolle Doppelqualifikation zu erlangen.  

4.3 Die Behaltezeit: Mehr als nur ein erster Job

Nach dem Ende der Lehrzeit (entweder durch Vertragsablauf oder durch eine bestandene, vorgezogene LAP) beginnt die sogenannte Behaltezeit. Du bist als Lehrbetrieb in der Regel gesetzlich verpflichtet, die frischgebackene Fachkraft für drei Monate im erlernten Beruf weiterzubeschäftigen und sie als Facharbeiter zu entlohnen.Achtung: Du solltest immer den anwendbaren Kollektivvertrag prüfen, da dieser eine längere Behaltezeit vorsehen kann!. 

Diese Phase ist nicht nur eine Maßnahme zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit, sondern sie gibt dem Absolventen auch die wichtige Chance, die erlernten Fähigkeiten erstmals als vollwertige Fachkraft im gewohnten betrieblichen Umfeld anzuwenden. Wie bereits erwähnt, ist der kritische Link zur LAP, dass die Pflicht zur Kostenübernahme für den Erst-Antritt auch während der Behaltezeit fortbesteht.Dies unterstreicht, dass der Gesetzgeber die Prüfung und die Behaltezeit als eine zusammengehörige, finale Phase der Ausbildung betrachtet.  

Zusammenfassung: Dein Fazit als Erfolgs-Coach

Die Lehrabschlussprüfung ist der krönende Abschluss einer mehrjährigen, intensiven Ausbildungsreise. In dieser finalen Phase bist du als Ausbilderin weit mehr als nur eine Wissensvermittlerin. Du bist Organisatorin, rechtliche Garantin für einen fairen Ablauf, Motivatorin und die zentrale Ansprechperson für deinen Lehrling.

Die wichtigsten Kernpunkte für dich im Überblick:

  • Kenne die Fristen: Die Anmeldung ist frühestens sechs Monate vor Lehrzeitende möglich, der Antritt bis zu zehn Wochen davor. Nutze diese Fenster strategisch.
  • Nutze die WKO-Portale: Mache dich mit den eServices für Lehrbetriebe vertraut. Die Online-Anmeldung ist der Standard und erleichtert den Prozess für alle Beteiligten.
  • Plane die Kosten ein: Die Übernahme der Prüfungstaxe und der Materialkosten für den Erst-Antritt (auch in der Behaltezeit) ist deine unumstößliche gesetzliche Pflicht.
  • Gewähre Freistellung: Der Prüfungstag ist für den Lehrling bezahlte Arbeitszeit, für die er unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt werden muss.

Eine erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung ist der schönste Beweis für eine gelungene Ausbildung – für deinen Lehrling und für dich. Mit dem Wissen aus diesem Leitfaden hast du alle Werkzeuge in der Hand, um deinen Schützling auf diesem letzten, wichtigen Stück des Weges optimal zu unterstützen und am Ende gemeinsam diesen großen Erfolg zu feiern.